Schluss mit dem Pensionisten-Bashing! – Das Thema der Woche
Die Medien berichten nun seit Wochen über unser Pensionssystem. Experten, Politiker und Think Tanks geben ihre Meinungen zum Besten. Der letzte Woche veröffentlichte kritische Rechnungshofbericht befeuert die Diskussionen weiter.
Das Ergebnis: Verunsicherung bei alt und jung und PensionistInnen, die zunehmend das Gefühl bekommen, sich dafür rechtfertigen zu müssen, dass sie sich eine lebenswerte Pension – im wahrsten Sinne des Wortes – „verdient“ hätten.
Ich finde das Pensionisten - oder Boomer - Bashing unerträglich. Das müssen sich 2,5 Millionen PensionistInnen nicht gefallen lassen. Und alle, die gerade ins Pensionssystem einzahlen, müssen sich auf eine lebenswerte Pension freuen und verlassen können.
Auch unerträglich ist, dass in der aktuellen Diskussion weniger die Fakten zählen als Polemik.
Zu den Fakten:
Das Österreichische Pensionssystem ist eines der besten derWelt und auch mittel- bis langfristig abgesichert. Das glaube ich nicht, sondern die Fakten belegen es.
Vorausgesetzt man stellt sich aktuellen Entwicklungen. Wer mich kennt, weiß: ich bin eine große Verfechterin kontinuierlicher Verbesserung und Optimierung. Aber ich bin auch der Meinung, dass wir zuerst unsere Hausaufgaben machen sollten, bevor wir Neues angehen.
Bevor wir also eine Debatte über eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters führen, sollten wir in erster Linie Maßnahmen setzen, das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetzliche anzupassen, wie ich seit Jahren appelliere.
Würden alle erwerbsfähigen Männer bis zum gesetzlichen Antrittsalter von 65 arbeiten, würde das allein in Summe fast 10 Milliarden Euro bringen, die weniger aus dem Pensionsbudget zugeschossen werden müssten. Für Frauen beginnt ab 1.1.2024 ohnehin die sukzessive Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 65.
Eine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters unter diesen Umständen würde eher die Pensionsschere weiter aufmachen würde als sie zu schließen. Sie würde nur diejenigen zum Länger arbeiten bringen, die das ohnehin schon tun. Das ist weder nachhaltig noch fair.
Vielmehr braucht es konkrete Maßnahmen, um Menschen, die es physisch und psychisch können, bis zum Antrittsalter und darüber hinaus im Erwerbsleben zu halten, wie z.B. eine deutliche Erhöhung des Bonus und des Malus, alter(n)sgerechte Arbeitsplätze, Abschaffung der Pensionsbeiträge für freiwillig arbeitende PensionistInnen u.v.m.
Apropos: Mein ständiges Fordern nach Anreizen zum längeren Arbeiten trägt Früchte. Am Wochenende kamen erfreulich positive Signale von Finanzminister Magnus Brunner, noch in dieser Legislaturperiode Maßnahmen zu beschließen. Das gibt mir Kraft, weiter dafür zu kämpfen.
Wie teuer ist unser Pensionssystem wirklich?
Auch hier verlange ich dringend Transparenz und „Kostenwahrheit“. Denn rund 25% (!) der staatlichen Pensionszuschüsse haben nichts mit Pensionen zu tun.Tendenz steigend.
Die steigenden Ausgleichszulagen sind Armutsbekämpfung und damit Sozialleistungen. Ebenso „verstecken“ sich Kosten wie z.B. für Kindererziehung, Wochen-, Kranken, Wiedereingliederungs- und Rehableistungen oder Präsenz- und Zivildienst im „Budgettopf Pensionen“. Diese Leistungen sind alle wichtig und richtig, aber haben mit Pensionen nichts zu tun.
Ich halte unser Pensionssystem nach wie vor für „enkelfit“– vorausgesetzt wir begreifen die Pensionsdebatte als gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Wir brauchen weniger Emotion und Polemik, als einen konstruktiven Dialog über Kostenwahrheit, Eigenverantwortung und Bewusstseinsbildung über Konsequenzen wie Teilzeit oder verfrühtem Pensionsantritt und deren Auswirkungen auf die eigene Pension.
Was wir sicher nicht brauchen sind Verunsicherung und ungerechtfertigtes Pensionisten-Bashing.
Mit den besten Grüßen,
Ihre Ingrid Korosec